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Ringvorlesung im Frühjahr-/Sommersemester 2017

Zeit umzudenken? – Die Plurale Ökonomik

Die Veranstaltungen finden jeweils von 19:00 bis 20:30 Uhr im Raum M 003 im Mittelbau des Schlossgebäudes statt.

22. Februar 2017:
Dr. Philip Plickert:
„Die Zukunft der Geschichte“


Abstract:
Kaum eine Wissenschaft ist so einflussreich und mächtig wie die Wirtschaftswissenschaft. Doch sie steckt in einer Glaubwürdigkeits- und Vertrauenskrise. Die vielfältige Kritik richtet sich gegen realitätsferne Modelle, Mathematisierung als Selbstzweck und ein zu eindimensionales Menschenbild des Homo Oeconomicus. Viele Mainstream-Ökonomen blenden institutionelle, politische, historische und andere sozialwissenschaftliche Fragen aus. Studierende kritisieren zu viel Formelpaukerei und zu wenig Gelegenheit für kritisches Nachdenken und Diskutieren. In diesem Vortrag wird Dr. Philip Plickert Thesen aus seinem jüngst erschienenen Buch „Die VWL auf Sinnsuche“ vorstellen. Er plädiert dafür, besonders die Wirtschafts- und Finanzgeschichte sowie die Dogmengeschichte in der universitären Lehre neu zu beleben und mehr wertzuschätzen. 


Referent:
Nach seinem in Wirtschaftsgeschichte an der London School of Economics hat Dr. Philip Plickert über die ideengeschichtliche Entwicklung des Neoliberalismus geforscht und seine Dissertation „Wandlungen des Neoliberalismus“ verfasst. Als Graduiertenstipendiat der Hanns-Seidel-Stiftung arbeitete er neben dem Studium als freier Mitarbeiter bei verschiedenen Zeitungen. Seit April 2007 ist er Wirtschaftsredakteur der F.A.Z. und erhielt 2009 den Ludwig-Erhard-Förderpreis für Wirtschaftspublizistik sowie 2010 den Bruckhaus-Förderpreis der Hanns Martin Schleyer-Stiftung. Die Rubrik „Der Volkswirt“ im F.A.Z.-Wirtschaftsteil wird von Dr. Plickert betreut. Des Weiteren unterrichtet er als Lehrbeauftragter für VWL an den Universitäten Frankfurt und Siegen. Aktuell ist er maßgeblich für den Aufbau des Zweiges der Pluralen Ökonomik an der Universität Siegen verantwortlich.

15. März 2017:
Apl. Prof. Dr. Dr. Helge Peukert:
Postautistische Ökonomik für eine pluralistische Wirtschaftslehre


Abstract:
Mit seinem Buch „Die Scheuklappen der Wirtschaftswissenschaft – Postautistische Ökonomik für eine pluralistische Wirtschaftslehre“ thematisierte Prof. Dr. Peukert das aktuelle Problem bereits im Jahr 2006. Er ist deutschlandweit der Experte für die Lehren aus der Finanzmarkt- und Staatsschuldenkrise. 


Referent:
Prof. Dr. Dr. Helge Peukert ist seit 2006 außerplanmäßiger Professor an der Universität Erfurt und dort Inhaber der Krupp-Stiftungsprofessur für Finanzwissenschaft und Finanzsoziologie. Er hat zur Finanzmarkt- und Staatsschuldenkrise publiziert und ist Mitglied im Beirat von attac Deutschland. Zusätzlich kommentiert er das aktuelle Wirtschaftsgeschehen im Deutschlandfunk.

5. April 2017:
Prof. Dr. Joseph Huber:
„Krise des Geldsystems – Vollgeld als Ausweg?“


Abstract:
Das bestehende Geld- und Bankensystem ist krisenanfällig, das Geld unsicher. Grund: Das Giralgeld der Banken unterliegt praktisch keiner Begrenzung. Die überschießende Gelderzeugung führt ggf. zu Inflation, heute vor allem aber zu Asset Inflation, Finanzmarktblasen sowie Überinvestment- und Schuldenkrisen. Eine Vollgeldreform ersetzt das Giralgeld der Banken durch Vollgeld der Zentralbank. Das Geld würde sicher, Inflation/Deflation oder Asset Inflation und Finanzkrisen könnte besser vorgebeugt werden, und der Geldschöpfungsgewinn käme den öffentlichen Kassen bzw. den Bürgerinnen und Bürgern zugute.


Referent:
Prof. Dr. Huber, gebürtiger Mannheimer, ist der Vorreiter in Deutschland hinsichtlich des Vollgeld-Konzepts. Außerdem forschte er in den Bereichen ökologische Modernisierung und technologische Umweltinnovationen, Lebenszyklusanalyse sowie evolutive Dynamik moderner Gesellschaften. Darüber hinaus lehrte er zu Themen der Geld- und Finanzsoziologie, der Umweltsoziologie und Umweltpolitik, der Weltsystem-, Entwicklungs- und Modernisierungstheorie, der Wirtschafts- und Arbeitsmarktsoziologie sowie zu Sozialstaat und Sozialpolitik. Zusätzlich hat Prof. Dr. Huber wiederholt die Politik zu Fragen der Umwelt-, Technologie- und Innovationspolitik sowie der Beschäftigungs-, Sozial- und Gesellschaftspolitik beraten. Er ist Gutachter für nationale und internationale Zeitschriften sowie Forschungsförderstellen und veröffentlichte selbst als Mitherausgeber Zeitschriften und Buchreihen.

26. April 2017:
Prof. Dr. Arne Heise:
„Keynes und seine Kinder“


Abstract:
Im Jahr 1936 veröffentlichte John Maynard Keynes seine „Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes“, mit der er selbst beanspruchte, „die Art und Weise zu revolutionieren, wie die Welt über die Ökonomik denkt“. Tatsächlich begann kurz danach die Auseinandersetzung der Ökonomenzunft damit, was Keynes in seiner „Allgemeinen Theorie“ gemeint haben könnte, denn einerseits ist sein Werk alles andere als leicht zugänglich, andererseits schwankt Keynes selbst zwischen wissenschaftlicher Revolution und Kontinuität. In einer langen Phase der Erkenntnissuche bildeten sich verschiedene Keynesianismen heraus, die sowohl tragende Teile des neoklassischen Mainstreams wurden wie auch Hauptprotagonisten des heterodoxen Non-Mainstreams. Wir wollen die verschiedenen Keynesianismen kennenlernen und nach ihrem Beitrag für eine pluralistische Wirtschaftswissenschaft befragen.


Referent:
Nach seiner Habilitation mit „summa cum laude“ war Prof. Dr. Arne Heise ab 1998 zunächst als Privatdozent an der Universität Bremen tätig. Nach mehreren Stationen als Gastwissenschaftler und Professor ist er seit 2002 Universitätsprofessor für Finanzwissenschaft und Public Governance an der Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Fachbereich Sozialökonomie, der Universität Hamburg. Heise ist (Mit-)Herausgeber zahlreicher Schriftenreihen und Zeitschriften, Mitglied der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin sowie des wissenschaftlichen Beirats von attac Deutschland. Er ist einer der wichtigsten und bekanntesten Vertreter des Postkeynesianismus.

10. Mai 2017:
Podiumsdiskussion zum Thema:
„Zeit umzudenken? – Die Plurale Ökonomik“


Wir begrüßen zur Podiumsdiskussion:

  • Dr. Christoph Gran, ehem. Vorsitzender des Netzwerks für Plurale Ökonomik 
  • Prof. Dr. Silja Graupe, Vize-Präsidentin der Cusanus Hochschule 
  • Prof. Dr. Henrik Orzen, Studiendekan für den Bachelor- und Masterstudiengang der Abteilung Volkswirtschaftslehre
  • Simon Schulten, B.Sc., Studierender im Masterstudiengang VWL

Moderation: Dr. Brigitte Preissl (ZBW, Leiterin Wissenstransfer Wirtschaftswissenschaften sowie Chefredakteurin Wirtschaftsdienst und Intereconomics)

31. Mai 2017:
Prof. Dr. Lars Feld:
Postmodern, Postautistisch, Postfaktisch – It’s Economics, stupid!


Abstract:
Besteht ein Wissenschaftsversagen durch übertriebene und unrealistische Ansprüche an die Wirtschaftswissenschaften? Eine Vorhersage der einzig gültigen Wahrheit wird gefordert, ist aber nicht erreichbar und hat daher verringerte Glaubwürdigkeit zur Folge. Das Ziel sollte sein, bestehende differenzierte Kenntnisse über ökonomische Zusammenhänge evidenzbasiert zu liefern. Methodische Rigorosität ist dabei entscheidend. Die Bringschuld der Ökonomen gegenüber der Gesellschaft besteht aber darin, neben der Mathematik als einer Sprache, diese Zusammenhänge allgemein verständlich darzustellen. Die Forderung nach einem Pluralismus der Methoden wird bereits vielfach umgesetzt. Dies wird aber leider zu wenig erkannt. Warum und woran das liegt? Der Vortrag von Prof. Dr. Lars P. Feld mit anschließender offener Diskussion wird diese und viele weitere Fragen versuchen zu beantworten.


Referent:
Prof. Dr. Lars Feld ist seit 2010 Universitätsprofessor für Volkswirtschaftslehre, insbesondere Wirtschaftspolitik und Ordnungsökonomik an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und Direktor des Walter-Eucken-Instituts. Er ist zudem ständiger Gastprofessor am Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) Mannheim, Mitglied des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (einer der fünf Wirtschaftsweisen), Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen, Mitglied des Unabhängigen Beirats beim Stabilitätsrat und Sprecher des Kronberger Kreises (Wissenschaftlicher Beirat der Stiftung Marktwirtschaft). Im Jahr 2007 wurde er als Sachverständiger für die Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen (Föderalismuskommission II) benannt und wirkte somit beratend an der neuen deutschen Schuldenbremse mit. Im Sommer 2013 kürte ihn die Frankfurter Allgemeine Zeitung in einem Ranking zum einflussreichsten deutschen Ökonomen.